Zweifelsohne ist Google Scholar die mächtigste Suchmaschine für wissenschaftliche Texte im Internet, während gleichzeitig es dazu wenig bis gar keine Benutzeranleitungen gibt. Von der Bedienung her kann man soviel über die Webseite auch gar nicht erzählen, weil es eigentlich nur ein Textfeld plus einen einzigen Button gibt. Der Button hat noch nicht mal eine Beschriftung wie submit oder ok sondern ist einfach nur eine Lupe. Zwar gibt es im Menu die Möglichkeit die Ergebnisse anhand des Jahres weiter einzugrenzen oder sogar die Sprache als Filter zu bestimmen, doch in den meisten Fällen ist die Ergebnisliste ohne diese Parameter umfangreicher und damit besser.
Trotz der einfachen Bedienung ist Google Scholar eine komplexe Webseite, die weitaus höheres Vorwissen erfordert als die Google web Suche. Das hat weniger etwas mit der Weboberfläche an sich zu tun sondern mit den dahinterliegenden rund 50 Mio wissenschaftlichen Artikeln. Der Zugriff auf diese Informationen stellt Anforderungen an das Vorwissen der Benutzer. Das heißt, damit man etwas findet sollte man bereits mit einem Fach bestens vertraut sein, was natürlich ein Vorwissen der Benutzer erfordert. Dieser selbstreferentielle Zirkelschluss führt dazu, dass die Mehrzahl der Benutzer die Webseite genau einmal ausprobieren und dann entmutigt aufgeben.
Aber egal, Google Scholar kann man als moderne Form des wissenschaftlichen Arbeitens beschreiben. Anstatt in einer Bibliothek im Katalog zu blättern ,um dann aus dem Magazinbestand ein Buch zu entleihen, was man innerhalb der Räume der Bibliothek lesen darf, hält Google Scholar die o.g. 50 Mio wissenschaftliche Dokumente im Volltext bereit ,auf die man über den Webbrowser zugreifen kann. Hinzu kommt, dass man im Textbestand per Volltext suchen kann, wodurch das Auffinden von Fachartikeln erleichtert wird.
Anders als einen Roman oder ein Comic kann man wissenschaftliche Texte nicht linear von vorn nach hinten durchlesen um sich davon unterhalten zu lassen, sondern wissenschaftliche Texte dienen als Ressource um sich Notizen anzufertigen. Diese Notizen dienen später, wenn die Lektüre 2 Wochen oder länger zurückliegt dazu, sich das Gelesene in Erinnerung zu rufen. Allein das Wissen, dass ein bestimmter Artikel interessant geschrieben war reicht nicht aus, man muss über die erstellten Notizen ermitteln, was in dem Text genau drinstand. Der Fokus liegt also klar auf den Sachinformationen und weniger auf der Lektüre als solche.
Die meisten Nutzer von wissenschaftlichen Datenbanken werden ihre Notizen hierarchisch anlegen. Man erstellt einen Oberbegriff wie z.B. Informatik und für diesen Obergriff dann Untersektionen wie Programmiersprachen, Hardware und Betriebssysteme. in die jeweilige Kategorie sortiert man ein, was man gelesen hat. Ein geeignetes Softwareprogramm, um die Gliederung sowie die eigentlichen Notizen zu verwalten, ist ein Outline-Editor wie Myinfo, Notecase oder AZZ cardfile. Man kann aber auch ein normales Word processing Tool wie MS Word oder Libreoffice writer verwenden und dort die Gliederungssicht einblenden.
Das Hauptproblem in der Benutzung von Google Scholar ist die hohe Zahl an Treffern für ein Thema. Gibt man sehr allgemeine Begriffe in die Suchmaske ein wie z.B. "computer" oder "history" wird man als Antwort Millionen von Dokumenten erhalten, die man unmöglich alle lesen kann. Die eigentliche Kunst besteht darin, bereits im Suchfeld das Thema soweit einzugrenzen, dass nur wenige Artikel angezeigt werden. Dazu benötigt man ein Vorwissen über das korrekte Vokabular in einem Fachgebiet. Angenommen, man interessiert sich für die Geschichte von Computern. Dann führt eine Anfrage wie:
"computer stack machine Pipelining RISC" zu einer überschaubaren Trefferanzahl von lediglich 500. Wenn man dann noch das Jahr auf „vor 2000“ festlegt, erhält man eine gute Einführung in das Themengebiet.
Die erforderlichen Vokabeln für die Suchmaske entnimmt man den eigenen Notizen. Obwohl die meiste Vokabeln sehr kompliziert klingen und erklärungsbedürftig sind, haben sie den großen Vorteil ,dass sie unveränderliche Richtmarken in einem Fach sind. Der Begriff RISC oder Pipelining wird in dieser feststehenden Bedeutung von mehreren Autoren über Jahrzehnte hinweg verwendet. Er dient als Schlüssel, um sich einem Themengebiet zu nähern und von dort aus weitere Unterthemen zu erforschen.
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